"Zwischen Anpassung und Widerstand"
Kirche im dritten Reich
Freiarbeit für die Jahrgangsstufe 10

Der Kirchenkampf -
"Deutsche Christen" vs. "Bekennende Kirche"

In der evangelischen Kirche wurden die Gegensätze zwischen Befürwortern und Gegnern des nationalsozialistischen Systems schon recht bald nach der Machtergreifung deutlich:

Aufmarsch der "Deutschen Christen" vor der Berliner Dom vor einer Ehrengarde von SS-Leuten. An der Spitze Mitglieder der Bewegung in Partei- und SA-Uniformen. Danach folgen die Pastoren. Die Fahnen sind stark den Fahnen der Nationalsozialisten nachempfunden.Aus einer lokalen, um 1930 in Thüringen entstandenen Gruppierung ging im Jahr 1932 die "Glaubensbewegung Deutsche Christen" hervor. Die streng nach dem Führerprinzip organisierte Bewegung bezeichnete sich als "SA Jesu Christi" und bekannte sich zu einem "positiven Christentum", wie es in Artikel 24 des Parteiprogramms der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) propagiert wurde. Die Deutschen Christen forderten "Rassenreinheit" als Bedingung für eine Kirchenmitgliedschaft und die Loslösung der evangelischen Kirche von jüdischen Wurzeln.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 änderte sich die Situation der Kirchen in Deutschland nachhaltig. Als offensichtlich wurde, dass Adolf Hitler seine kirchenpolitischen Ziele, Gleichschaltung und Ausrichtung der Kirchen auf die nationalsozialistische Weltanschauung, mit Unterstützung der Deutschen Christen erreichen wollte, hatten diese zunächst einen Massenzulauf. Bei den Synodalwahlen in allen Landeskirchen nach der Schaffung einer Evangelischen Reichskirche am 23. Juli 1933 erlangten die Deutschen Christen die Zweidrittelmehrheit. Sie besetzten nun die meisten wichtigen Ämter. Ende September 1933 wurde der Deutsche Christ und Hitlers bisherige "Bevollmächtigte für die Angelegenheiten der Evangelischen Kirche", Ludwig Müller (1883-1945), als Reichsbischof höchster protestantischer Würdenträger im Deutschen Reich. Der Ausschnitt aus den Grundsätzen der „Deutschen Christen“ zeigt Ihre Ziele noch einmal deutlich:

Grundsätze 'Deutsche Christen'Ein gutes Beispiel bietet die Braunschweiger Landeskirche. Sie übernimmt zunächst begeistert die Ziele des Nationalsozialismus und gestaltet unter Vorherrschaft der Deutschen Christen die Kirche im Sinne der herrschenden Ideologie um.

Wilhelm Beye gehört zu den Mitbegründern der Braunschweiger Deutschen Christen. Schon als Student ist Beye "politischer Landsknecht" der Rechten und nimmt 1923 als Parteimitglied der NSDAP am ersten Parteitag in München teil. Am 12. September 1933 wählt ihn der Landeskirchentag, in dem nur Deutsche Christen vertreten sind, zum Landesbischof. Amtseinführung ist am 21. Januar 1934. Bischof Wilhelm Beye (1903-1975) ist mit 31 Jahren der "jüngste Bischof der Welt".

Wilhelm Beye, 1933: Nationalsozialist, Deutscher Christ, LandesbischofDie Geburt seines Sohnes zeigt der junge Bischof in einer Zeitungsannonce mit den Worten an: "Ein Hitlerjunge ist angekommen!". Allerdings muss Beye wegen Unregelmäßigkeiten in der Rechnungsführung als Pfarrer in Wenzen schon nach wenigen Wochen vom Bischofsamt zurücktreten. So endet seine Amtszeit bereits am 23. Februar 1934.

Als die von Deutschen Christen geleitete Altpreußische Synode am 6. und 7. September 1933 den für Beamte geltenden "Arierparagraph" auch für Kirchenämter einführte, rief der Dahlemer Pfarrer Martin Niemöller den Pfarrernotbund ins Leben. Ihre Gehorsamsaufkündigung gegenüber der Reichskirche verhinderte maßgeblich die Gleichschaltung der evangelischen Kirche. Forderungen von Deutschen Christen nach Übernahme des "Arierparagraphen" für die Reichskirche und nach Verwerfung des als jüdisch angesehenen Alten Testaments führten im November 1933 zu Massenaustritten und zur Spaltung der Deutschen Christen. Auf der so genannten Bekenntnissynode in Barmen 1934 ging aus dem Pfarrernotbund die Bekennende Kirche hervor.

In der „Barmer Theologische Erklärung“ richtet sich die Synode in sechs Thesen gegen die Bedrohung durch die Deutschen Christen.

Nach These 1 schließt Jesus Christus als das „eine Wort Gottes“ andere „Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung“ aus, der die Kirche folgen darf. Die den Deutschen Christen als Norm geltenden „Lebensordnungen“ sind damit abgelehnt.Geburtsanzeige Bischof Beye

Die Thesen 3, 4 und 6 folgern daraus für die Kirche, dass sie nicht unter zwei, sondern unter ihrem einen Herrn steht. Deshalb muss sie ihre Botschaft und Ordnung allein von ihm und nicht von „herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen“ bestimmen lassen. Kirche ist „Gemeinschaft von Brüdern“, ihre Ämter sind Dienste, ihre Botschaft an das Volk ist Gottes freie Gnade, sagt die Erklärung.
Nach These 5 darf der Staat nicht die „totale Ordnung des Lebens“ sein, der man blind zu gehorchen hat. Der Staat ist begründet und begrenzt durch Gottes „Anordnung für Recht und Frieden zu sorgen.“ Die Kirche ist eindeutig nicht Organ des Staates, hat aber ihm gegenüber an Gottes Reich, Gebote und Gerechtigkeit zu erinnern und damit an „die Verantwortung der Regierenden und Regierten“ zu appellieren.

Die Versuche, den Einfluss der Deutschen Christen in den Gemeinden zu vergrößern, blieben in den nächsten Jahren erfolglos, auch wenn die Mehrzahl der Landeskirchen bis 1945 in der Hand der Deutschen Christen war. Den rund 7.000 Pfarrern der Bekennenden Kirche standen lediglich etwa 2.000 Deutsche Christen gegenüber.

 

Quellen für Texte und Bilder u.a.: www.landeskirche-braunschweig.de - www.dhm.de/lemo/html/nazi/
- www.reformiert-online.net/t/de/lexikon

 

Thomas Bremer 2004